Sie sind 2x pro Woche 30 Minuten in den Monaten April bis September zwischen 10 und 15 Uhr ohne Kopfbedeckung mit freien Armen und Beinen ohne Sonnenbrand in der Sonne? -> Perfekt!
Aber wie schütze ich mich von Oktober bis März vor Vitamin D – Mangel? -> Lesen Sie weiter!
1. Wo wird das aktive Vitamin D gebildet?
Das Vitamin – D des Menschen wird durch UVB – Sonneneinstrahlung in der Haut bereitgestellt. Die Menge des bereitgestellten Vitamin D hängt hauptsächlich von der bestrahlten Hautfläche, deren Dicke und Pigmentierung, sowie von der Jahres- und Tageszeit, der geographischen Breite und Witterung ab. Zum Beispiel gibt es im Sommer viel unbedeckte Haut, einen hohen UVB-Anteil im Sonnenlicht und viele Sonnenstunden pro Tag. Im Winter ist hingegen fast nur das Gesicht nicht bekleidet, aber gut gecremt, der UVB-Anteil gering und die Sonnenstunden pro Tag kurz. D.h. im Sommer bilden wir mehr Vitamin D als im Winter.
2. Vitamingehalt von Nahrungsmitteln
Bei ausreichender Sonneneinstahlung werden 10% des täglichen Vitamin – D – Bedarf über die Haut bereitgestellt. Nur wenige Lebensmittel enthalten Vitamin D in nennenswerter Menge. Dazu gehören:
– fettreicher Fisch (Lachs, Makrelen, Hering ca. 12,5µg oder 500IE pro Portion)
– Leber
– angereicherte Margarine
– Eigelb
In anderen Ländern z.B. USA sind Hauptnahrungsmittel wie Milch, Orangensaft, Brot und Frühstücksflocken mit Vitamin D angereichert. In Deutschland ist dies nur bei Margarine und Speiseölen mit maximal 25µg pro Kilogramm Produkt erlaubt.
Muttermilch enthält je nach Speicher der Mutter 12 – 60 IE pro Liter.
Um die altersgerechte Mineralisierung und Härte des Knochens des im 1. Lebensjahr stark wachsenden Skelettsystems zu ermöglichen sind 400 – 500 IE = 10µg Vitamin D pro Tag notwendig. Diese Menge entspricht dem Vitamingehalt von 1 Teelöffel Kabeljauöl.
Die Medikamentenkosten der Vitamin – D – Prophylaxe wird bis zum 18. Lebensmonat von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen.
3. Vorbeugung der Osteoporose im hohen Alter durch Gabe von Vitamin D im Säuglingsalter
Die maximale Knochenmasse wird etwa zwischen dem 18. und 20. Geburtstag erreicht. In der 3. Lebensdekade wird der Knochenaufbau abgeschlossen, während er ab dem 4. Lebensjahrzehnt je nach Belastung abgebaut wird. Eine besonders gute Mineralisierung im Jungend- und jungen Erwachsenenalter beugt einer Osteoporose („Knochenschwund“) im späteren Leben vor. Die Osteoporose des alten Menschen kann auch als Folge von Lebensstilfaktoren im Kindes- und Jugendalter und einer Mangelversorgung in dieser Zeit verstanden werden.
4. Empfohlene Tageszufuhr
der Fachgesellschaften für Ernährung der deutschsprachigen Länder (DGE, ÖGE, SGE/SVE) (derzeit in Revision)
Alter | µg/d | IE/d |
Frühgeborene <1.500g | 20-25 | 800 – 1000 |
Säuglinge 0 – 12 Monate | 10 | 400 |
Kinder 1 – 15 Jahre | 5 | 200 |
Erwachsene 15 – 65 Jahre | 5 | 200 |
Erwachsene > 65 Jahre | 10 | 400 |
Schwangere | 5 | 200 |
Stillende | 5 | 200 |
5. Folgen eines Vitamin D – Mangels
Durch Störungen des Calzium- und Phosphatstoffwechsels bei Vitamin D-Mangel kommt es zum Krankheitsbild der Rachitis mit mangelndem Knochenwachstum, verminderter Knochendichte und Störung der Knochen – Wachstumsfuge. Dadurch können Knochenbrüche begünstigt werden. Außerdem treten gehäuft Veränderungen am Brustkorb und Beinachsenfehlstellungen auf. Auch die Muskelkraft kann vermindert sein mit zusätzlichen Tetanien / Muskelkrämpfen und Infektanfälligkeit. Eine schlechte Versorgung im Kindesalter begünstigt die Osteoporose im späteren Alter.
Kinder, die einen Vitamin – D – Mangel besitzen, habe ein 4fach erhöhtes Risiko später in Ihrem Leben an einem Diabetes mellitus Typ I zu erkranken.
Im Erwachsenenalter gibt es möglicherweise einen Zusammenhang zwischen Vitamin D – Mangel im Kindes- und Jugendalter und erhöhtem Auftreten von Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Diabetes mellitus Typ I und II, Herz – Kreislauferkrankungen, Krebserkrankungen und Autoimmunerkrankungen.
6. besondere Risikogruppen für einen Vitamin D – Mangel im Kindes- und Jugendalter
– ausschließlich gestillte Säuglinge, die kein zusätzliches Vitamin D erhalten
– strikt vegan bzw. makrobiotisch ernährte Kinder ohne Calzium–, Vitamin D – und Fettzusätze
– Personen mit limitierter Sonnenlichtexposition
– Jugendliche (insbesondere Mädchen) aus Einwandererfamilien mit dunkler Hautpigmentierung durch hülsenfruchtreiche Ernährung und geringe Sonnenlichtexposition (Kleidung)
7. Überdosierung Vitamin D
Vergiftungserscheinungen sind beim stoffwechselgesunden Menschen nur durch Tabletteneinnahme möglich. Dabei sind Grenzen von täglich 40.000 Einheiten bzw. Einmaldosen von 300.000 Einheiten zu überschreiten. Es kommt zu einem erhöhtem Kalzium- und Phosphatgehalt im Blut, der klinische Symptome wie Schwäche, Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Übelkeit, Verstopfung, Knochenschmerzen oder einen Metallgeschmack verursacht. Es kann zu vermehrtem Wasserlassen und Durstgefühl kommen. Außerdem treten vermehrt Verkalkungen an den inneren Organgen wie Niere, Blutgefäßen oder dem Herzen auf.
8. Empfehlungen zur Vermeidung von Vitamin D – Mangel
- Eine 25-OHD-Serumkonzentration <20 ng/ml (<50 nmol/l) ist als Vitamin D-Mangel anzusehen.
- Eine Sonnenexpositionsdauer in den Monaten April bis September von 5 – 30 Minuten 2x pro Woche zwischen 10 und 15 Uhr mit unbedecktem Kopf, freien Armen und Beinen ist zur adäquaten Vitamin D-Produktion im Kindes- und Jugendalter (Hauttyp 2 und 3) ausreichend und wird unter der Prämisse der Vermeidung von Sonnenbrand als effektivste Form der Verbesserung des Vitamin D-Status empfohlen.
- Kinder sollten sich täglich intensiv (mindestens 1 Stunde) im Freien bewegen. Über die Sonnenlichtexposition wird die Vitamin D-Versorgung verbessert und über die Bewegung der Aufbau der Knochenmasse zusätzlich gesteigert. Diese Effekte führen zum Aufbau einer maximalen Knochenmasse (peak-bone-mass) und damit zu einer Vorbeugung der Osteoporose im späteren Alter. – Da Lebensumfeld und Freizeitgestaltung im Kinderalltag kaum noch diesen optimalen, täglichen und ausgiebigen Aufenthalt im Freien zulassen, erscheint angesichts der allgemein unzureichenden Vitamin-D Versorgung eine zusätzliche Tabletteneinnahme ratsam.
- Für alle Säuglinge in Deutschland wird zusätzlich zur Vitamin D-Zufuhr mit Muttermilch oder Säuglingsnahrung eine orale Supplementierung mit 400-500 Einheiten Vitamin D3 pro Tag bis zum zweiten erlebten Frühsommer mit dann höherer UV-Exposition und Vitamin D-Eigensynthese, also je nach Geburtszeitpunkt für die Dauer von 1 bis 1 ½Jahren empfohlen. Die Vitamin D-Gabe sollte kombiniert mit der Fluoridprophylaxe erfolgen.
- Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht unter 1.500 g Geburtsgewicht sollten in den ersten Lebensmonaten eine tägliche Zufuhr von 800-1000 IE Vitamin D erhalten.
- Bei unzureichender Sonnenlichtexposition wird ab dem zweiten Lebensjahr und für die Dauer des gesamten Kindes- und Jugendalter in Übereinstimmung mit dem amerikanischen Institute of Medicine eine Vitamin D-Gesamtzufuhr von etwa 600 IE/Tag für wünschenswert gehalten. Diese tägliche Zufuhr kann bei der derzeitig üblichen Ernährung durch die zusätzliche Zufuhr von 400 IE/Tag Vitamin D in Form von Tabletten erreicht werden.
- Besonderes Augenmerk ist auf Risikogruppen (vegetarisch ernährte Kinder, Migranten, Personen mit limitierter Sonnenlichtexposition, chronisch Kranke) zu legen. Für diese Kinder und Jugendlichen sollten jährliche Bestimmungen von 25-OHD im Serum erwogen werden. Für diese Risikogruppen ist bereits bei Serumkonzentrationen von <30 ng/ml (<75 nmol/l) erhöhte tägliche Substitution sinnvoll zur Prävention eines Vitamin D Mangels. Medizinische Untersuchungen im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen (inkl. J1) sind eine Möglichkeit, den Vitamin D-Status bei Risikogruppen, vor allem bei Kindern mit limitierter Exposition zum Sonnenlicht aufgrund des kulturellen Hintergrunds oder Behinderungen, zu erfassen und daraufhin Maßnahmen zu ergreifen.
9. Quelle:
Link: http://www.dgkj.de/uploads/media/1107_Stellungnahme_Vitamin_D_01.pdf
Vitamin D-Versorgung im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter
Autoren: Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Endokrinologie (APE)
Böhles HJ, Fusch C, Genzel-Boroviczény O, Jochum F, Kauth T, Kersting M, Koletzko B (Vorsitzender), Lentze MJ, Moß A (Gast), Mihatsch WA, Przyrembel H, Schnabel D (Gast), Wabitsch M
Korrespondenz:
Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin
e.V., Chausseestraße 128/129, 10115 Berlin; info@dgkj.de Prof. Dr. M. Wabitsch (korrespondierender Autor)
Juli 2011